Breakdance: Von der Subkultur zu Olympia
Breakdance wird ins Programm der Olympischen Spiele 2024 in Paris aufgenommen. Das erklärte Ziel: Die Spiele sollen urbaner werden und mehr junge Menschen anziehen und begeistern. Innerhalb der Hip-Hop-Szene wird das kommerzielle Interesse eher kritisch bewertet. Diese Haltung hängt stark mit den Anfängen dieser Kunstform zusammen – Zeit für einen Rückblick.
Das Problem beginnt schon beim Namen: Ein Großteil der B-Girls und B-Boys spricht vom Breaking oder B-Boying, nicht vom später in den Medien kursierenden Wort Breakdance. Die ursprünglichen Crews im New York der 1970er-Jahre waren eher ungebetene Gäste, da sie sich häufig Wettkämpfe lieferten und so den Rest des Publikums vom Tanzen abhielten. Entstanden ist der Tanzstil auf den sogenannten Block Partys in den Straßen und Parks, die als Alternative zu den teuren Diskotheken entstanden. Hier konnten sich alle Jugendlichen aus der Nachbarschaft treffen, es gab keinen Eintritt und keine Alterskontrolle.
Breakdance war eine Form des Ausdrucks für die Jugendlichen, die in der Bronx und Harlem aufwuchsen. Breakdance kombinierte akrobatische Moves, rhythmische Bewegungen und Ausdruckstanz. Im Laufe der Zeit hat sich Breakdance weiterentwickelt und ist heute eine weltweit anerkannte Kunstform. Das Wort Breaking leitete sich vom Musikgeschmack ab, den die Jugendlichen im New York der 1970er-Jahre präferierten. Discjockeys (DJ) wie Kool Herc erkannten, dass das Publikum besonders bei den instrumentalen Passagen ausgelassen tanzte. Diese Passagen wurden „breakdown sections“ – oder kurz „breaks“ – genannt und konnten durch die Kombination von zwei Plattenspielern beliebig verlängert werden.
Breakdance: Premiere bei den Olympischen Jugendspielen 2018
Breakdance war bereits bei den Olympischen Jugendspielen 2018 in Buenos Aires Teil des offiziellen Programms. Die Tänzerinnen und Tänzer trafen dabei – angelehnt an die Historie dieses Hip-Hop-Elements – in sogenannten „Dancebattles“ aufeinander, die anschließend von einer Jury bewertet wurden. Qualifizieren konnten sich die Teams sowie einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die Einsendung eines Videos. Als Sportart wird Breakdance offiziell der Welttanzsportvereinigung (WDSF) zugeordnet.
Durch die sogenannte Agenda 2020 war die bisherige Begrenzung auf 28 Sommersportarten bereits 2014 obsolet geworden. Seitdem können die Olympia-Gastgeber Vorschläge für zusätzliche Sportarten machen. Das Pariser Organisationskomitee (OK) hatte dem International Olympic Committee (IOC) daraufhin vier Sportarten vorgeschlagen: Breakdance, Surfen, Skateboarding und Sportklettern. So wollte man den Spielen eine urbanere Dimension verleihen, wie Tony Estanguet, Chef des Organisationskomitees, bei SPIEGEL Online äußerte. Die Olympischen Spiele sollten Estanguet zufolge mehr Sport in der Natur sowie mehr Kunst und Artistik beinhalten.
Breakdance: Wenn Straßenkunst olympisch wird
Die Olympischen Spiele sind stets ein Schauplatz für die besten Athleten der Welt gewesen, die in klassischen Disziplinen wie Leichtathletik, Schwimmen und Gymnastik um Ruhm und Medaillen kämpfen. Doch die Spiele sind auch ein Spiegelbild der sich verändernden Welt und wandelnden Interessen der Menschen. Paris 2024 wird definitiv ein neues Kapitel in der olympischen Geschichte aufschlagen, wenn Breakdance zum offiziellen Programm gehört.
Die Nachricht von der Aufnahme wurde von einer Vielzahl von Menschen mit Begeisterung aufgenommen. Insbesondere aus der Hip-Hop-Szene kamen laute Jubelrufe. Für viele Anhänger der Hip-Hop-Kultur ist die Berücksichtigung von Breakdance bei den Olympischen Spielen ein Zeichen der Anerkennung für diese subkulturelle Tanzform.
Doch nicht alle Hip-Hop-Fans sind gleichermaßen begeistert. Etliche User äußern insbesondere in den Foren der sozialen Medien Bedenken hinsichtlich der steigenden Kommerzialisierung der Kultur. Argumentiert wird oft ähnlich: Die Hip-Hop-Kultur galt einst als Sprachrohr für soziale und politische Anliegen und habe sich den Kritikern zufolge in den letzten Jahren zu einer Milliardenindustrie entwickelt. Oft wird dramatisch vom „Ausverkauf von Hip-Hop“ geschrieben. Die Befürchtung ist, dass die Olympischen Spiele diesen Trend verstärken könnten und die ursprüngliche Botschaft der Subkultur mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt wird.
Leistungsproblematik: Wer kann Kreativität objektiv bewerten?
Die Aufnahme von Breakdance in das olympische Programm stellt die Sportwelt und insbesondere die per se neutrale Jury vor die Herausforderung, die sportlichen und kreativen Leistungen der Tänzerinnen und Tänzer objektiv bewerten zu wollen. Im Gegensatz zu traditionellen Sportarten gibt es beim Breakdance keine klaren Regeln, nach denen man die besten Athletinnen und Athleten bestimmen kann. Die Schiedsrichterinnen werden sich auf Kriterien wie Technik, Ausdruck und Kreativität verlassen müssen.
Auch die Meinungen innerhalb der Breakdance-Community über die Aufnahme ins Olympia-Programm sind gespalten. Einige Tänzerinnen glauben, dass die Olympischen Spiele eine großartige Gelegenheit bieten, die Kunstform einem breiteren Publikum zu präsentieren und die Künstler für ihre harte Arbeit zu belohnen. Andere wiederum befürchten, dass die strengen Bewertungskriterien den kreativen Geist von Breakdance ersticken könnten. Es wird eine spannende Diskussion darüber erwartet, wie die Jury die Balance zwischen Sportlichkeit und Kunst in dieser einzigartigen Disziplin finden wird.
Breakdance bei Olympia: Chance oder Risiko für die Hip-Hop-Kultur?
Ob die Aufnahme von Breakdance ins Programm der Olympischen Spiele eher eine Chance oder ein Risiko für die Entwicklung und das Standing der Hip-Hop-Kultur darstellt, läuft letzten Endes auf die immer gleiche Frage hinaus: Ist es förderlich, Hip-Hop einem weltweiten Publikum näher zu bringen und die Kultur weiter zu verbreiten? Oder untergräbt das kommerzielle Interesse die Authentizität dieser Kultur? Beide Seiten haben ihre Befürworter und Gegner, eine eindeutige Antwort kann es an dieser Stelle nicht geben.
Objektiv betrachtet ist die Aufnahme von Breakdance in das Programm der Olympischen Spiele von Paris 2024 ein Meilenstein für die Hip-Hop-Kultur und die Straßenkunst an sich. Es wird eine interessante Reise werden: Eine Kunstform, die in den Straßen von New York begann, begibt sich auf die größte sportliche Bühne der Welt. Man darf gespannt sein, wie die Welt der B-Girls und B-Boys auf der olympischen Bühne wirken und glänzen wird.