Langweilig, langweiliger, Bundesliga?
Der Fußball-Bundesliga wird medial häufig unterstellt, eine mäßig spannende bis gähnend langweilige Veranstaltung zu sein. Nach den Schuldigen muss man nicht lange fahnden, die Finger zeigen sofort auf die Herren mit Vorliebe für Lederhosen im Oktober. Die Dominanz des FC Bayern wird gerne diskutiert und sorgt dafür, dass die Bundesliga auch im Ausland als Zweiklassengesellschaft wahrgenommen wird – das Team aus dem Süden und der Rest. Doch sind die vier anderen europäischen Topligen tatsächlich so viel interessanter?
Die Fußball-Bundesliga wurde nach einem Beschluss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) erstmals zur Saison 1963/64 eingeführt. Premierenmeister wurde der 1. FC Köln, insgesamt gab es in den 1960er Jahren sechs verschiedene Meister – so viel wie in keinem anderen Jahrzehnt. Was viele Fans gar nicht mehr wissen: Die erste Meister-Mannschaft aus dem Süden war nicht etwa der große FC Bayern, sondern der blau-weiße Lokalrivale TSV 1860 München (1966). Und auch der „Glubb“ aus Nürnberg feierte seinen bisher einzigen Titel noch vor dem Erzrivalen aus der bayerischen Landeshauptstadt (1968).
Bayerische Dominanz als Bundesliga-Novum
In der Historie der Fußball-Bundesliga gab es bis zum vergangenen Jahrzehnt keine Mannschaft, die mehr als drei Meisterschaften am Stück feiern konnte. Die erste Titelverteidigung überhaupt gelang Borussia Mönchengladbach (1970 und 1971). Die gefühlte Langeweile ist medial erst ein Thema, seit die Bayern konkurrenzlos wirken und Jahr für Jahr mit großem Abstand triumphieren. 2016 feierte der FC Bayern den vierten Titel in Folge und sorgte damit für ein Novum. Bis zur Meisterschaft von Bayer 04 Leverkusen im Jahr 2024 sammelte der Rekordmeister elf Meisterschaften am Stück. Im Vergleich zu den 1990er und 2000er-Jahren, in denen jeweils fünf verschiedene Klubs die Meisterschale in den Himmel recken durften, mangelte es der letzten Dekade folglich tatsächlich an sportlicher Spannung.
Vergleich der europäischen Topligen
Ist Fußball bei unseren Nachbarn tatsächlich spannender? Zu den europäischen Topligen im Fußball zählen neben der Bundesliga die englische Premier League, die spanische Primera División (Sponsorenname „LaLiga Santander“), die italienische Serie A und die französische Ligue 1. Betrachtet man die jüngere Geschichte dieser Ligen, lassen sich gewisse Parallelen erkennen.
Juventus Turin ist so etwas wie der FC Bayern Italiens und war von 2012 bis 2020 ununterbrochen an der Spitze, die „Alte Dame“ konnte neun Meisterschaften am Stück feiern. Erst seit der Saison 2020/21 geht es wieder spannender zu, in den vergangenen vier Jahren gab es drei verschiedene Meister (Inter Mailand, AC Mailand, SSC Neapel). In Frankreich hat Paris Saint-Germain in den letzten zwölf Jahren nur zwei Meisterschaften abgegeben und in Spanien fechten die beiden Dauerrivalen Real Madrid und FC Barcelona seit 20 Jahren einen Zweikampf aus, der lediglich durch die Erfolge von Atlético Madrid 2014 und 2021 kurzzeitig unterbrochen wurde.
Mit anderen Worten: Die Dominanz großer Vereine – oder eines einzigen Klubs – gibt es beileibe nicht nur hierzulande, sondern in allen europäischen Topligen. Im Gegensatz zu Spanien, Frankreich und Italien, wo es länger anhaltende Serienmeisterschaften über einen Zeitraum von drei Jahren schon früher gab, ist diese Situation in Deutschland aber neu und sorgt bei allen Fans für Verdruss, die es nicht mit dem FC Bayern halten.
Premier League als Ausnahme
Eine angenehme Ausnahme in dieser Hinsicht stellt die britische Premiere League dar: Mehr als drei Meisterschaften am Stück hat es bei unseren Nachbarn auf der Insel bis zum Jahr 2024 nicht gegeben, obwohl die Liga bereits seit 1888 existiert. Der Konkurrenzkampf auf der Insel scheint im europäischen Vergleich am größten zu sein. Zuletzt feierte Manchester City unter „Pep“ Guardiola 2024 allerdings das Meisterschafts-Quadrupel. Nicht ausgeschlossen also, dass Erling Haaland und Co. in den kommenden Jahren auch in England für eine meisterliche Langeweile sorgen werden.
Jahr für Jahr zählen die sogenannten Big Five (Chelsea London, Arsenal London, FC Liverpool, Manchester United, Manchester City) zu den Meisterschaftsanwärtern, folglich mischt ein Viertel der Liga oben mit. Schwächeln diese Topteams, ist sogar ein Überraschungssieger wie Leicester City (2016) möglich. Keine Liga im europäischen Spitzenfußball ist abwechslungsreicher, darin sind sich die Experten einig.
Würde man die Infografik von oben auf die europäischen Topligen übertragen und die Anzahl der verschiedenen Meister pro Jahrzehnt (beginnend mit Einführung der Bundesliga ab 1963/64) addieren, um einen Vergleichsmaßstab für den Konkurrenzkampf heranziehen, ergäbe sich ein interessantes Bild.